Kolleg:in auf problematischen Alkoholkonsum ansprechen

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Vermutest du, dass eines deiner Teammitglieder oder eine:r deiner Kolleg:innen ein problematisches Trinkverhalten hat? Bist du dir unsicher, wie du die (betroffene) Person konstruktiv und unterstützend auf dieses Thema ansprechen kannst? Oder fragst du dich, was du in einem solchen Gespräch unbedingt vermeiden solltest? Viele Menschen sind sich unsicher, wie sie in so einer Situation am besten handeln und das problematische – und womöglich gesundheitsgefährdende – Verhalten ansprechen können, ohne die Situation zu verschlimmern. Oft wird aus diesem Grund leider erst spät gehandelt oder gänzlich weggeschaut. Um das zu verhindern, erhältst du in diesem Beitrag wesentliche Informationen dazu, wie du einen problematischen Alkoholkonsum konstruktiv ansprichst und was dabei zu beachten ist.
Hinweis: Solltest du dir allgemein unsicher sein, welche Anzeichen auf eine psychische Belastung, ein Suchtproblem oder problematischen Alkoholkonsum hindeuten können, dann lies in der Vorbereitung auf ein solches Gespräch am besten die hier zugehörigen Beiträge. Behalte außerdem im Laufe des Gesprächs unbedingt im Hinterkopf, dass nicht alle Mitarbeitenden, die Anzeichen einer psychischen Belastung aufweisen, unter einer psychischen Erkrankung bzw. Abhängigkeit leiden. Behalte also stets eine neutrale Haltung bei, denn deine Beobachtungen können auch eine vollkommen andere Ursache haben. Es steht dir zudem nicht zu, eine Diagnose zu (unter-)stellen oder medizinische Ratschläge zu geben. Dafür sind alleinig Fachpersonen in einem entsprechenden Setting zuständig.

Gesprächsvorbereitung

Eine Person auf eine potenzielle Alkoholabhängigkeit anzusprechen, ist für beide Seiten eine heikle Situation. Darum ist es essenziell, sich inhaltlich gut auf das Gespräch vorzubereiten und für geeignete Rahmenbedingungen zu sorgen. Plane euren Termin daher so, dass ihr ausreichend Zeit habt und ungestört seid. Das erleichtert es deinem Gegenüber, sich dir zu öffnen, sollte tatsächlich etwas hinter deiner Sorge stecken. Überlege dir außerdem im Vorhinein, was das konkrete Ziel des Gesprächs ist. Zum Beispiel kann dein Ziel sein, erste Unterstützung anzubieten oder einen Veränderungswunsch auszusprechen.

Beobachtete Auffälligkeiten sammeln

Für die erfolgreiche Umsetzung des Gesprächs ist es wichtig, dass du konkrete Begründungen und Beispiele für deine Sorge nennen kannst, um diese zu stützen und für dein Gegenüber verständlich zu machen. Trage daher die von dir beobachteten Auffälligkeiten aus allen Bereichen (Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsverhalten sowie äußeres Erscheinungsbild) zusammen. Beziehe dich hierbei ausschließlich auf deine Beobachtungen und nicht auf Aussagen von Dritten. Konkrete Beobachtungen können z.B. die folgenden sein:
  • „In den letzten 3 Wochen ist mir aufgefallen, dass du in unseren gemeinsamen Meetings immer mindestens 5 Minuten zu spät gekommen bist. Bei drei dieser Meetings haben wir dann schon ohne dich angefangen, weil keine rechtzeitige Rückmeldung von dir vorgelegen hat. Diese Woche Mittwoch hast du bei unserem Treffen gänzlich unentschuldigt gefehlt.”
  • „Bei den letzten 2 Firmenfeiern, bei denen wir zusammen zugegen waren, habe ich dir bereits vor Ende des Abendessens ein Taxi gerufen, weil du so betrunken warst. Auch bei kleineren Feierabendrunden in den letzten Wochen ist mir aufgefallen, dass du durchgehend am längsten bleibst und am meisten trinkst, auch wenn deine Schicht am nächsten Tag früh beginnt.”
  • „Diesen Monat hatten wir 4 Auswärtstermine zusammen. Dabei habe ich bemerkt, dass du bei 3 Terminen nicht wie besprochen vorbereitet warst. Bei den letzten beiden Terminen hast du auf mich unruhig und etwas durch den Wind gewirkt.”
  • „Mir ist in den letzten 2 Monaten aufgefallen, dass überwiegend dann Fehler und Unordnung in der Lagerung vorkommen, wenn du dieser Position zugeteilt bist.”
Die Beantwortung der Frage, in welcher Beziehung du zu der Person stehst, hilft dir dabei, einen angemessenen Gesprächsschwerpunkt zu setzen. Ist eure Beziehung beispielsweise ausschließlich beruflicher Natur, so sollte der Gesprächsschwerpunkt auf Auffälligkeiten im Berufsalltag liegen. Das können z.B. der Einfluss des Trinkverhaltens auf die Stimmung im Team, mangelnde Leistung, ausbleibende Zuverlässigkeit oder Zuspätkommen sein. In einem solchen Fall kannst du, falls passend, ansprechen, dass auch deine Arbeit unter dem Verhalten leidet und du nicht dazu bereit bist, zusätzliche Arbeit aufzunehmen oder Probleme für dein Gegenüber zu lösen.
Bist du dagegen zusätzlich mit der Person befreundet, kannst du darüber hinaus deine private Sorge zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel kannst du die Situationen beschreiben, in denen du auffälliges Verhalten festgestellt hast und betonen, dass das veränderte Verhalten eure Freundschaft belastet bzw. möglicherweise sogar gefährdet. Zum Beispiel könntest du sagen:
  • „(…) Dieses Verhalten löst bei mir viele Sorgen um dein Wohlergehen aus und beschäftigt mich sehr, weil mir unsere Freundschaft viel bedeutet. Darum bin ich gerne für dich da, um dich zu unterstützen, damit es dir besser geht.”
  • „(…) Es fällt mir sehr schwer, dich so zu sehen, weil du mir als Mensch so wichtig bist. Dein Verhalten mitzuerleben und teilweise zu decken, bringt mich mittlerweile an meine Grenzen. Ich möchte, dass es dir besser geht und bin bereit, dich auf diesem Weg zu unterstützen. Doch wenn du keinen neuen Weg einschlägst, weiß ich nicht, ob unsere Freundschaft in dieser Form Bestand halten kann.”

Auf verschiedene Reaktionen vorbereiten

Mache dir bereits vor dem Gespräch bewusst, dass das Ansprechen von Auffälligkeiten ein unangenehmes Gefühl bei deinem Gegenüber auslösen und damit zu unterschiedlichen sowie unvorhersehbaren Reaktionen führen kann. Die folgenden Beispiele zeigen dir einige mögliche Reaktionen, damit du dich entsprechend auf sie vorbereiten kannst:
  • Einsichtig: „Ich bin dankbar, dass du das ansprichst. Ehrlich gesagt ist der Alkoholkonsum nur eine Folge meiner privaten Herausforderungen zu Hause (…)."
  • Ermutigt: „Ich möchte schon seit einer Weile etwas dagegen tun, aber alleine habe ich es bisher einfach nicht geschafft."
  • Verharmlosend: „So schlimm ist es doch gar nicht", „Du übertreibst mal wieder."
  • Abstreitend: „Das stimmt einfach nicht", „Du lügst."
  • Selbstbemitleidend: „Ich weiß einfach nicht, wie ich mir sonst helfen soll – ohne geht es einfach nicht mehr.”
  • Drohend: „Über dich könnte ich den Kolleg:innen auch so einiges erzählen", „Wenn du wüsstest, was ich alles so über dich weiß", „Wenn du es den anderen erzählst, verliere ich meinen Job und kann direkt einpacken. Dafür willst du doch auch nicht verantwortlich sein, oder?"
Tipp: Lege dir bereits vor dem Gespräch ein paar passende Sätze und Formulierungen zurecht, damit du im Gespräch auf sie zurückgreifen kannst und dich sicherer fühlst.

Gesprächseinleitung & -führung

Sitzt ihr schließlich im Gespräch zusammen, so informiere dein Gegenüber am besten zuerst über den angesetzten Zeitrahmen und mache deutlich, welches Ziel du mit diesem Treffen verfolgst. Zum Beispiel kannst du Folgendes sagen:
  • „Ich habe den Dialog mit dir aufgesucht, weil ich dich verändert erlebe. Ich möchte dir an ein paar Beispielen zeigen, was mir aufgefallen ist und würde gern besser verstehen, was passiert ist und ob ich dich in irgendeiner Weise unterstützen kann."
  • „Ich arbeite wirklich gern mit dir und ich wünsche mir, dass das so bleibt. Bisher konnten wir einander immer die Wahrheit sagen und waren füreinander da. Du hast dich in der letzten Zeit sehr isoliert und ich komme kaum noch an dich heran. Ich mache mir Sorgen, weil du häufig sehr glasige Augen und ein gerötetes Gesicht hast. Zudem bist du im Arbeitskontext unzuverlässiger geworden und ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun kann. Ich möchte mit dir gemeinsam eine Lösung finden, wie wir wieder gut zusammenarbeiten können.”
  • „Ich schätze unsere Zusammenarbeit sowie dich als Menschen sehr. Und gerade weil ich dich so schätze, möchte ich nicht länger schweigend zuschauen, weil ich mir Sorgen um dich mache. Ich bin nicht länger bereit, deine Unaufmerksamkeiten, die dir in letzter Zeit gehäuft passieren, zu decken, weil ich mir sicher bin, dass dadurch das Problem eher größer als kleiner wird.”
Während des Gesprächs können dir diese weiteren grundlegenden Hinweise dabei helfen, dein Gesprächsziel zu erreichen und dein Gegenüber konstruktiv zu unterstützen:
  • Benenne die von dir zuvor wahrgenommenen Leistungs- und Verhaltensveränderungen stets wertfrei bzw. sachlich und nimm im gesamten Gesprächsverlauf eine neutrale Haltung ein.
  • Vermeide Vorwürfe, Unterstellungen, Belehrungen und Aussagen wie „Du wirst abhängig, es wird alles immer schlimmer!", da sie eher Widerstand und Panik bei deinem Gegenüber hervorrufen. Nutze stattdessen so viele Ich-Botschaften wie möglich, z.B. „Mir ist wichtig, dass …“, „Ich mache mir Sorgen, dass …“.
  • Versuche, die Gesprächsführung zu behalten und vermeide es, dich in Diskussionen zu verwickeln.

Gesprächsabschluss

Je nachdem, welchen Ausgang das Gespräch genommen hat, ist es hilfreich, die Reaktion deines Gegenübers vorerst zu akzeptieren. Versuche jedoch deinem Gegenüber in jedem Fall zu signalisieren, dass du weiterhin da bist, wenn er bzw. sie mit jemandem über dieses oder ein anderes Thema sprechen möchte. Weiterhin kannst du, sollte es die Situation zulassen, auf die verfügbaren internen sowie externen Hilfsangebote (z.B. betriebsärztliche Ansprechperson mit Schweigepflicht, anonyme Online-Beratung) hinweisen oder die Person dabei unterstützen, einen Termin mit einer geeigneten Vertrauensperson zu vereinbaren.


Nun kennst du die wesentlichen Aspekte, auf die du achten solltest, wenn du eine:n Kolleg:in auf seinen bzw. ihren Alkoholkonsum ansprichst und wie du dich passend auf dieses Gespräch vorbereiten kannst. Wenn du dir in der Vorbereitung auf das Gespräch Unterstützung wünschst, wende dich gerne an die hier aufgeführten Ansprechpersonen oder informiere dich tiefergehend in den weiteren Inhalten hier in der Mediathek.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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